Einfach zum Nachdenken: Was Virtualität mit Psychotherapie zu tun haben kann
Einfach zum Nachdenken ist der Titel der Radiosendung, die auf Ö3 kurz vor 22 Uhr wörtlich zum Nachdenken einlädt. Am 27. August 2023 hat meine Webdesignerin den folgenden Beitrag (im eigenen Transkript)
„Seit einiger Zeit beschäftige ich mich mit Achtsamkeit und Meditation.
Andrea Nitsche ist Schauspielerin und lebt in Wien.
Es hilft mir, mich zu verlangsamen und mehr und mehr wirklich im Moment zu sein.
Etwas, das nach wie vor sehr fordernd für mich ist.
Bei einer Meditation hat Tara Brach,
sie ist Meditationslehrerin, Psychologin und Autorin
gesagt, dass das, was im Hirn so als Gedanken daherkommt,
egal ob es sich um etwas Vergangenes oder Zukünftiges
oder einfach nur um ein Gedankenspiel handelt, virtuell ist.
Das finde ich überaus hilfreich,
denn virtuell ist für mich gleichbedeutend mit nicht real.
Und es ist definitiv nicht im Hier und Jetzt.
Und je mehr ich mir klar mache, dass meine Gedankenwelt virtuell ist,
desto mehr kann ich diese Gedankenstrudel, die manchmal durch mein Hirn rasen, loslassen.“
gehört und mich darauf angesprochen. Was ich als Psychotherapeut dazu sage?
„Ja, das stimmt“, war meine erste Reaktion. Diese virtuelle Welt ist ja unsere subjektive Welt. Und es sind nicht nur Gedanken, sondern auch Gefühle, die damit in einem bestimmten Moment erlebt werden. Gefühle, die der Organismus in dem Moment aufgrund unserer Fantasien auch aufruft und die wir dann tatsächlich real erleben.
Wenn wir z. B. über den Krieg in der Ukraine nachdenken und dabei immer verzweifelter werden, hat das Auswirkung auf unsere Gefühle. Einen guten Erklärungsansatz liefert, der bereits erwähnte Paul Watzlawick mit seiner Geschichte mit dem Hammer, die ein gutes Beispiel für den genannten Gedankenstrudel enthält.
Wir bauen uns in dem Moment eine Welt, die auf Stammhirnebene – auf unwillkürlicher Ebene – sehr verständlich und sinnvoll ist. Der Krieg ist ein Reiz von außen. Unser Organismus versucht mit gelernten Lösungen aus der Kindheit
- mit der Spannung,
- mit der gefühlten Inkohärenz,
- mit dem Arousal (Bezeichnung des Aktivierungsgrades des Zentralnervensystems),
- mit der Verwirrung,
- mit der Hilflosigkeit
umzugehen.
Diese einfache Lösung funktioniert in der Kindheit, sorgt aber nicht für die Erfüllung der Bedürfnisse des Kindes. Ganz im Gegenteil, sie orientiert sich an den Bedürfnissen der Anderen. Das ist aber als Erwachsener – bis zur Selbstaufgabe oder bis zum Egoismus für/gegen den Anderen zu viel und damit dysfunktional.
Das gilt auch für einfache Erklärungen, wie der Andere/die Andere ist schuld/böse/schlecht, die zwar Kohärenz im Gehirn herstellen, aber ebenfalls nur einfache Lösungen darstellen.
Als erwachsener Mensch brauchen wir einen inneren Erwachsenen im gesunden Umgang mit unseren Gedanken und dem Gefühlszustand in unserem Gehirn. Dieser innere Erwachsene (gesunde Erwachsene laut Schematherapie) hat die Aufgabe unsere innere Beziehungsdynamik (= innere Spannung = Inkohärenz im Gehirn) zu regulieren. Erster Schritt ist die innere Regulierung durch den inneren Erwachsenen. Zweiter Schritt im Außen als gesunder Erwachsener für eigene Bedürfnisse eintreten und für die Erfüllung dieser zu sorgen. Schritt um Schritt.
Wenn wir erkennen, wie sich die Welt uns zeigt, unsere Partnerinnen oder Partner sich verhalten und wir die oben beschriebenen Schritte schaffen, bildet das die Grundlage für Konstruktivität in unseren Beziehungen.
Mit Bezug auf den Krieg in der Ukraine sind wir dann in der Lage uns mit dem Kriegsgeschehen zu beschäftigen, ohne dass wir in Hilflosigkeit versinken. Wir spüren diese Hilflosigkeit, weil wir dazu in Beziehung getreten sind. Sie wirkt sich aber nicht auf alle anderen Bereiche unseres Lebens aus!
Dazu braucht es in uns einen gesunden, inneren, erwachsenen Menschen, der mit Distanz auf das Geschehen schaut. Mit Andrea Nitsches Worten „Und je mehr ich mir klar mache, dass meine Gedankenwelt virtuell ist, desto mehr kann ich diese Gedankenstrudel, die manchmal durch mein Hirn rasen, loslassen.“
Ich helfe Dir gerne dabei, diesen gesunden, innernen, erwachsen Menschen (wieder) zu finden. Sprich mich einfach auf diesen Beitrag an.