
Klaus Ottomeyer, Psychotherapeut und Soziologe
Am 18. Mai 2025 sprach der Psychotherapeut und Soziologe Klaus Ottomeyer in der Ö1-Sendereihe „Gedanken“ über das Thema „Grenzen und Möglichkeiten der Empathie“. In seinem Beitrag reflektierte er über seine berufliche Laufbahn, seine Forschungsschwerpunkte und die gesellschaftliche Bedeutung von Empathie.
Traumabewältigung und gesellschaftliches Engagement
Ottomeyer betonte, dass ein Trauma eine seelische Verletzung ist, die das Vertrauen in die Welt, in sich selbst und manchmal auch in Gott erschüttert. Die üblichen Bewältigungsstrategien versagen, was zu Hilflosigkeit und Verzweiflung führt. Er engagiert sich weiterhin im Verein Aspis, einem Klagenfurter Forschungs- und Beratungszentrum für Opfer von Gewalt, das er mitbegründet hat. Dort werden unter anderem Kriegsflüchtlinge und von Abschiebung bedrohte Menschen betreut.
Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus
In seinen Publikationen setzte sich Ottomeyer mit dem Aufstieg von Jörg Haider auseinander. Von der politischen Rechten wurde er dafür als „Boulevard-Psychologe“ bezeichnet, worauf er rückblickend mit einem gewissen Stolz reagiert. Er sieht es als Stärke, komplexe psychologische Zusammenhänge verständlich erklären zu können, sowohl in der Therapie als auch in den Medien.
Empathie und ihre neurobiologischen Grundlagen
Ottomeyer betont, dass Empathie eine grundlegende menschliche Fähigkeit ist, die durch sogenannte Spiegelneuronen unterstützt wird. Diese Nervenzellen ermöglichen es uns, die Gefühle und Handlungen anderer Menschen intuitiv nachzuvollziehen, indem sie ähnliche neuronale Muster in unserem eigenen Gehirn aktivieren. So können wir beispielsweise Schmerz oder Freude anderer nachempfinden, was eine wichtige Basis für mitfühlendes Handeln darstellt.
Mechanismen der Empathieabwehr
Trotz dieser natürlichen Veranlagung zur Empathie beobachtet Ottomeyer in der Gesellschaft Phänomene der Empathieabwehr. Dabei handelt es sich um psychologische Schutzmechanismen, die das Mitgefühl gegenüber bestimmten Gruppen oder Individuen unterdrücken. Solche Abwehrmechanismen können durch verschiedene Faktoren ausgelöst werden:
• Überforderung: Die Konfrontation mit dem Leid anderer kann Gefühle von Hilflosigkeit oder Schuld hervorrufen, die schwer zu ertragen sind.
• Ideologische Einstellungen: Vorurteile oder politische Überzeugungen können dazu führen, dass bestimmte Gruppen entmenschlicht oder abgewertet werden, wodurch Empathie blockiert wird.
• Soziale Normen: In einigen Kontexten kann es als unangemessen gelten, Mitgefühl zu zeigen, was die natürliche empathische Reaktion hemmt.
Ottomeyer warnt davor, dass solche Abwehrmechanismen nicht nur das individuelle Mitgefühl einschränken, sondern auch gesellschaftliche Spaltungen vertiefen können.
Die Bedeutung aktiver Empathie
Abschließend plädiert Ottomeyer für eine bewusste Auseinandersetzung mit den eigenen empathischen Fähigkeiten. Er ermutigt dazu, sich den inneren und äußeren Barrieren zu stellen, die Empathie verhindern, und aktiv Mitgefühl zu praktizieren. Dies sei besonders wichtig in Zeiten gesellschaftlicher Herausforderungen, um Solidarität und Menschlichkeit zu fördern.
Transkribiert von Robert Zeugswetter
Den vollständigen Beitrag kann in der ORF-Radiothek nachgehört werden